Haut und Mund – Wenn Entzündung unter die Haut geht
Haut und Mund sind über Immunzellen, Hormone und Mikrobiome eng miteinander verbunden. Chronische Entzündungen, Dysbalancen des Mikrobioms und Stress wirken gleichzeitig auf Schleimhäute, Hautbarriere und Immunsystem. Neuere Forschung zeigt, dass Erkrankungen wie Periorale Dermatitis, Atopische Dermatitis und Psoriasis oft mit oralen Entzündungen und Parodontitis verknüpft sind. Die Orale Medizin betrachtet diese Verbindung als zentralen Zugang zu ganzheitlicher Regeneration.


Die Haut ist ein Spiegel der inneren Gesundheit. Sie zeigt, was im Körper geschieht – ob Entzündung, hormonelle Dysbalance oder Stress. Besonders deutlich wird das im Bereich um den Mund: Rötungen, Schuppung oder Spannungsgefühl weisen oft auf systemische Prozesse hin, die im oralen und immunologischen Gleichgewicht wurzeln.
Periorale Dermatitis, Atopische Dermatitis und Psoriasis gehören zu den häufigsten chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen. Obwohl sie sich äußerlich unterscheiden, teilen sie gemeinsame immunologische Mechanismen – überschießende Abwehrreaktionen, Barrierestörungen und Entzündungsbotenstoffe, die im gesamten Körper wirken. Die Forschung zeigt zunehmend, dass die Mundhöhle dabei eine entscheidende Rolle spielt (Preshaw, 2012).
In der Mundhöhle leben mehr als 700 Bakterienarten, die gemeinsam ein sensibles Ökosystem bilden. Gerät dieses Gleichgewicht aus der Balance, etwa durch Parodontitis, Stress, Ernährung oder hormonelle Einflüsse, produziert das Immunsystem Zytokine wie Interleukin-1β, Interleukin-6 und Tumornekrosefaktor α. Diese Botenstoffe gelangen über die Blutbahn in andere Organe und beeinflussen dort Entzündungsprozesse – auch in der Haut (Bartold, 2019).
Bei der Psoriasis sind diese Zusammenhänge besonders gut belegt. Studien zeigen, dass Menschen mit Psoriasis häufiger an Parodontitis leiden und umgekehrt. Beide Erkrankungen teilen ähnliche Entzündungswege, insbesondere über Th1- und Th17-Zytokine, die das Immunsystem aktivieren (Zhang, 2020). Die orale Dysbiose kann die systemische Immunantwort verstärken, und DNA von oralen Bakterien wurde sogar in psoriatischen Hautläsionen nachgewiesen (Qiao, 2019). In klinischen Studien besserten sich Hautsymptome nach erfolgreicher Parodontitistherapie messbar (Nijakowski, 2022).
Auch bei der Atopischen Dermatitis (Neurodermitis) zeigen aktuelle Untersuchungen eine Verbindung zu oraler Entzündung. Eine große asiatische Kohortenstudie fand ein deutlich erhöhtes Risiko für Atopische Dermatitis bei Patientinnen und Patienten mit Parodontitis – und ein niedrigeres Risiko bei regelmäßiger professioneller Zahnreinigung (Shen, 2025). Immunologisch scheinen hier ähnliche Mechanismen zu wirken wie bei Hautbarrierestörungen: Zytokine wie IL-13 und IL-31, die in der Haut Juckreiz auslösen, werden auch in entzündetem Zahnfleisch vermehrt gebildet (Jiménez, 2023).
Diese Verbindung zwischen Mund und Haut wird zunehmend als „Oral-Skin-Axis“ bezeichnet. Sie beschreibt, wie orale Entzündung, Mikrobiom und Immunsystem über die Blutbahn, den Hormonhaushalt und den Stoffwechsel mit der Haut interagieren (Sanford, 2020). Dysbiose im Mund kann die Barrierefunktion der Haut schwächen, oxidativen Stress verstärken und entzündliche Reaktionen auslösen – besonders im sensiblen perioralen Bereich.
Auch Stress ist ein wichtiger Verstärker. Dauerhafte Aktivierung der Cortisolachse verändert Immunbalance und Hautbarriere, erhöht Talgproduktion und Entzündungsneigung. Studien zeigen, dass emotionale Belastung und nächtliches Zähneknirschen mit Schüben von Psoriasis und atopischer Dermatitis korrelieren (Kageyama, 2018).
Die Orale Medizin nutzt präzise Diagnostik, um diese Prozesse sichtbar zu machen. Speicheltests, Mikrobiomanalysen und Entzündungsparameter ermöglichen die Beurteilung individueller Risikofaktoren. Ziel ist es, systemische Entzündungen an ihrer Quelle zu regulieren: durch Kontrolle oraler Biofilme, Therapie von Parodontitis, Unterstützung des Mikrobioms und hormonelle Stressregulation.
Therapeutisch kombinieren wir mikrobiologische Stabilisierung, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und eine entzündungsmodulierende Ernährung. So wird nicht nur das Zahnfleisch gesünder, sondern auch die Hautbarriere gestärkt. Patientinnen und Patienten berichten häufig über eine Verbesserung von Ekzemen, Spannungsgefühl und Rötungen nach erfolgreicher Mundbehandlung – ein sichtbares Zeichen innerer Balance.
Mund und Haut sprechen dieselbe Sprache – die der Entzündung. Die Orale Medizin übersetzt sie. Wer den oralen Entzündungsherd beruhigt, kann auch Haut und Immunsystem stabilisieren.
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Preshaw et al. (2012): Cytokine networks in periodontal disease and their role in systemic inflammation. Diabetologia.
Bartold et al. (2019): An appraisal of the role of specific cytokines in periodontal disease. Journal of Clinical Periodontology.
Zhang et al. (2020): Periodontitis in patients with psoriasis. Journal of Periodontal Research.
Qiao et al. (2019): Psoriasis patients suffer from worse periodontal status. Frontiers in Medicine.
Nijakowski et al. (2022): Periodontal disease in patients with psoriasis. International Journal of Environmental Research and Public Health.
Jiménez et al. (2023): Atopic dermatitis and periodontitis, GCF cytokines. International Journal of Molecular Sciences.
Shen et al. (2025): Risk of atopic dermatitis in periodontitis and dental scaling. PLOS ONE.
Sanford et al. (2020): The oral-skin microbiome axis and its role in inflammatory diseases. Frontiers in Microbiology.
Kageyama et al. (2018): Psychological stress and skin inflammation: Role of the HPA axis. International Journal of Molecular Sciences.
