
Parodontitis – Die stille Entzündung im Körper
Warum chronische Zahnfleischentzündung mehr zerstört als Zähne
Parodontitis ist keine harmlose Zahnfleischerkrankung, sondern eine chronische Entzündung mit systemischer Wirkung. Sie entsteht, wenn das Gleichgewicht zwischen der oralen Mikrobiota und dem Immunsystem verloren geht. In den Zahnfleischtaschen siedeln pathogene Keime wie Porphyromonas gingivalis, Tannerella forsythia und Fusobacterium nucleatum – sie aktivieren das Immunsystem dauerhaft und halten eine stille, unbemerkte Entzündung aufrecht.
Das Ausmaß ist enorm: Eine ausgeprägte Parodontitis entspricht einer offenen Wundfläche von 35 bis 70 Quadratzentimetern – in etwa so groß wie eine Handfläche. Würde sich eine solche entzündete Fläche an der Haut befinden, wäre sie ein akuter medizinischer Notfall. Im Mund bleibt sie oft über Jahre unbemerkt – schmerzlos, aber biologisch hochaktiv.
In dieser „unsichtbaren Wunde“ werden kontinuierlich Entzündungsbotenstoffe freigesetzt: Interleukin-1β, Interleukin-6, TNF-α, Prostaglandin E₂, ergänzt durch C-reaktives Protein (CRP) als systemischen Akut-Phasen-Marker. Diese Signale gelangen über die Blutbahn in den gesamten Körper, beeinflussen die Gefäßinnenwände, stören die Blutzuckerregulation, aktivieren Immunzellen im Gehirn und fördern oxidativen Stress.
Die Folgen sind messbar: Parodontitis erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, rheumatoide Arthritis, Alzheimer und bestimmte Krebsarten. Sie steht am Beginn eines stillen Entzündungsnetzwerks, das Körperfunktionen und Alterungsprozesse beschleunigt.
In der Praxis zeigt sich: Nach erfolgreicher Parodontitistherapie sinken CRP- und Interleukin-Werte im Blut, Patienten berichten über bessere Konzentration, Energie und allgemeines Wohlbefinden. Moderne orale Diagnostik – von Mikrobiomanalysen bis zu Entzündungsprofilen – erlaubt heute, diese Prozesse sichtbar zu machen und gezielt zu behandeln.
Parodontitis ist keine lokale Erkrankung – sie ist eine systemische Entzündung mit einem Ausgangspunkt im Mund. Wer sie erkennt, kann Herz, Gehirn und Stoffwechsel schützen – und Gesundheit auf Zellebene wiederherstellen.







